Sadismus

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Sadismus-Definition

Der Sadismus ist vielen aus Filmen und Horrorschockern ein Begriff. Doch eigentlich geht damit auch eine sexuelle Vorliebe einher, bei der Lust empfunden wird, wenn andere Menschen gequält werden. Das Gegenteil stellt der Masochismus dar. In der BDSM-Szene sind oft Verknüpfungen der beiden sexuellen Vorlieben zu finden. Aber was steckt eigentlich hinter dem Sadismus? Welche Ausprägungen lassen sich bei dieser sexuellen Störung finden? Ab wann wird der Sadismus als Störung bezeichnet? Und kann diese Vorliebe therapiert werden? Diesen und ähnlichen Fragen wird im nachfolgenden Artikel auf den Grund gegangen.

Definition: Sadismus

Beim Sadismus handelt es sich um eine Persönlichkeitseigenschaft. Wer den Sadismus auslebt, empfindet Lust und sexuelle Erregung, wenn andere Menschen gequält werden. Es geht hierbei um die Verletzung der physischen und der psychischen Integrität eines Menschen. Kommt es zu einer starken Ausprägung kann dies eine Persönlichkeitsstörung darstellen. Zeigt sich die sadistische Neigung lediglich beim Sex, so ist von einer sexuellen Präferenzstörung auszugehen.¹

Wortherkunft Sadismus

Der Gerichtsmediziner und Psychiater Krafft-Ebing erforschte im 19. Jahrhundert die menschliche Sexualität und wird weitgehend als Begründer der Sexualpathologie bezeichnet. 1866 wurde der Terminus Sadismus das erste Mal von ihm geprägt. Hierbei beschrieb er eine sexuelle Neigung, bei der das Leid und der Schmerz anderer Menschen im Fokus des Interesses standen.

Krafft-Ebing leitete den Begriff vom französischen Gelehrten Marquis de Sade ab. Der junge Adelige sorgte schon in jungen Jahren aufgrund seiner ausschweifenden Neigung zur sexuellen Gewalt für Aufsehen. Diese Vorliebe brachte ihn schlussendlich auch hinter Gitter. In Haft verfasste de Sade zahlreiche Schriften, in denen er sich der sexuellen Gewalt widmete. Diese Werke waren anstößig und wurden nicht gedruckt.

Krafft-Ebing zufolge umfasst der Sadismus-Begriff eine Krankheit, bei der das Lustempfinden durch das Zuführen von Schmerz steigt. Sein Monumentalwerk „Psychopathia Sexualis“ ist bis heute bekannt. Heute ist der Sadismus-Begriff in der Psychologie umstritten.²

Ausprägungen des Sadismus

Es gibt unterschiedliche Ausformungen des Sadismus:

Sadismus, der durch destruktive Charakterzüge geprägt ist

Dieser wird auch sadistisch psychisch verortet. Es geht hierbei vor allem um das Demütigen und Schikanieren anderer Menschen. Allerdings werden im Sexleben keine sadistischen Praktiken ausgeübt. Die Verhaltensmentalität begrenzt sich allerdings nicht nur auf Menschen.¹

Sadismus, der sexuell motiviert ist

Die Erregung findet bei diesen Menschen lediglich dann statt, wenn Gewalt und das Zufügen von Schmerzen gegenüber Mitmenschen oder Tieren ausgeübt werden. Die Praktiken, die bei diesem Sadismus einhergehen, sind in den meisten Fällen erst das Vorspiel für den eigentlichen Geschlechtsverkehr. Auch vor dem Geschlechtsverkehr macht die sadistische Neigung nicht Halt. Viele leben diese Neigung auch beim Sex aus, fügen dem Partner Schmerzen zu, oder demütigen ihn.

Es geht vor allem um die völlige sexuelle Kontrolle über den Partner. Dies ruft bei diesen Sadisten eine sexuelle Erregung hervor. Das Leiden des anderen steigert die sexuelle Lust.¹

Sadismus, der pervers motiviert ist

Dieser wird auch als Kompensationssadismus bezeichnet. Das Verlangen einem anderen Menschen physischen Schmerz zuzufügen, stellt nicht das Vorspiel für den Geschlechtsverkehr dar. Dieser Akt ersetzt den Geschlechtsverkehr gänzlich. Das Zufügen von Leid wird als höchste Form der Erregung erlebt.¹

Sadismus in der BDSM-Szene

Die BDSM-Szene hebt sich klar von den sexuellen Präferenzstörungen, die strafrechtlich verfolgt werden können, ab. Hier geht es um die freiwillige Auslieferung. Menschen begeben sich mit ihrem freien Willen in Unterwerfungs- und Machtpositionen. Sexuelle Rollenspiele, die auch als Sessions bezeichnet werden, haben das Ziel, dass beide Partner sexuelle Erregung erleben können. Das Einhalten von Regeln ist wichtig:

Beide Partner nehmen freiwillig und einvernehmlich an der Session teil.
Die Grenzen des anderen werden im Vorfeld besprochen. Damit der dominante Partner weiß, wann Grenzen überschritten werden, wird vorab ein Safeword vereinbart. Mit einem Vertrag können festgelegte Praktiken genau beschrieben und festgehalten werden.²

Kann man Sadismus therapieren?

Die Behandlung einer sadistischen Störung ist nicht nur langwierig, sondern häufig kaum möglich. Erschwerend kommt die Tatsache hinzu, dass paraphile Störungen nicht veränderbar sind.

Die Therapie beim Sadismus richtet sich grundsätzlich nach der Gefahr für andere. Es wird eine Einschätzung über fremdgefährdendes Verhalten gemacht. In erster Linie werden die Betroffenen nicht nur durch einen Psychiater betreut, sondern erhalten eine medikamentöse Einstellung. Sadisten lassen sich generell schwerer behandeln als Masochisten.

Viele Betroffene haben ein reduziertes Moralempfinden. Dadurch erleben sie beim Ausleben ihrer Fantasien kaum oder gar keine Schuld. Klärende psychotherapeutische Ansätze können dennoch zum Einsatz kommen. Die Therapie gestaltet sich dann psychodynamisch und orientiert sich am Konflikt des Patienten.³

Ab wann ist der Sadismus eine psychische Störung?

Der Sadismus bedarf das Erleben von Dominanz für die sexuelle Erregung. Die sadistische Störung wird der sexuellen Präferenzstörung zugeordnet. Diese wird diagnostiziert, wenn die Bedürfnisse des Gegenübers nicht mehr wahrgenommen und berücksichtigt werden. Sobald Betroffene unter diesem Zustand leiden, und diese Vorlieben zwanghaft ausgeübt werden, ist von einer Störung zu sprechen.

Der Unterschied zur BDSM-Szene muss hier klar aufgezeigt werden. Denn hier handelt es sich um einvernehmliche sexuelle Beziehungen und Praktiken. Die Wünsche des Gegenübers werden im Vorfeld besprochen und akzeptiert. Selbst, wenn dies nicht immer den Anschein haben mag, aber bei BDSM-Praktiken wird intensiv auf das Gegenüber eingegangen.

Allerdings muss angemerkt werden, dass eine ausgeprägte Sexualität nicht immer zur sexuellen Präferenzstörung abgegrenzt werden kann. Es kann aber durchaus vorkommen, dass sich die Präferenzstörungen beim Ausleben der SM-Praktiken zu überlagern beginnen.

Ob eine sadistische Persönlichkeitsstörung vorliegt, kann lediglich von einem Psychiater festgestellt werden. Sobald vier der nachfolgenden Punkte erfüllt sind, ist von einer sadistischen Persönlichkeitsstörung auszugehen:

  • Zufügen von Schmerzen und das Ausüben von Gewalt gegenüber anderen Personen.
  • In Gegenwart Dritter werden Menschen beschämt und gedemütigt.
    Schutzbefohlene werden mit harten Strafen sanktioniert.
  • Beim Leiden von Dritten steigt die sexuelle Erregung.
  • Menschen, mit denen einen Beziehung geführt wird, werden ihrer Freiheit beraubt.
  • Machtausübung zum Zwecke der Beeinflussung Dritter.
  • Um anderen zu schaden, wird absichtlich gelogen.
  • Gewaltszenen, Folter und Waffen bergen für die Betroffenen einen hohen Reiz.²

Gefahren von Sadismus

Selten aber doch kann sich die sexuelle Aggressivität ausbilden. Es kann auch zum Mord als Bestandteil einer sexuellen Befriedigung kommen. Allerdings stellt dieses Überschreiten von Grenzen nur in geringem Maße eine Gefahr dar. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass solche Morde nur einmal unter einer Million Menschen vorkommen.

Der Sadismus kann auch im Hintergrund schwelgen. Bisher unauffällige Menschen leben ihren Sadismus dann in autoritären Rollen im Alltag aus.

Wann ist Sadismus strafbar?

Es gibt zwar keinen eigenen gesetzlichen Passus, wenn es um den Sadismus geht. Dieser ist allerdings in einigen Gesetzen verankert. Werden sexuelle Praktiken gegen die Einwilligung des Partners durchgeführt, ist diese Straftat nach dem Paragrafen 177 StGB zu verurteilen. Hier lassen sich unterschiedliche Abstufungen von der sexuellen Nötigung bis zur Vergewaltigung aufzeigen. Alle Handlungen, die freiwillig durchgeführt wurden, sind vor dem deutschen Gesetz nicht strafbar. Deswegen werden sexuelle Praktiken, die im BDSM-Bereich vollzogen werden, nicht bestraft.

Allerdings gilt es auch im BDSM-Bereich einiges zu beachten. Sollte es im Zuge einer sexuellen Praktik trotz Einwilligung zu einer Verletzung kommen, ist dies ebenfalls unter Strafe zu stellen. Wer dachte, dass Sadisten sich in der BDSM-Szene ohne Einschränkungen austoben dürfen, irrt sich. Denn diese vorsätzlichen Verletzungen werden im deutschen Strafgesetzbuch mit dem Paragrafen 228 des StGB verurteilt.

Auch sadistische Handlungen gegenüber Tieren sind gesetzlich verboten. Hier kommt die Tierquälerei nach Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes zum Tragen. Kinder, Schutzbefohlene und Jugendliche unterliegen ebenfalls einem gesetzlichen Schutz.

Quellennachweise

¹ DocCheck (o.J.): Sadismus. Online verfügbar unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Sadismus, zuletzt geprüft am 31.03.2022

² Nauck, Katja (2017): Sadismus: Wenn der Schmerz der anderen dir Lust bereitet. Online verfügbar unter: https://www.desired.de/liebe/sex/lexikon/sadismus/, zuletzt geprüft am 16.05.2022.

³ Thieme (o.J.): Psychotherapie bei paraphilen Störungen. Online verfügbar unter: https://www.thieme.de/de/psychiatrie-psychotherapie-psychosomatik/psychotherapie-bei-paraphilen-stoerungen-53608.htm#, zuletzt geprüft am 16.05.2022.

⁴ Psychologielexion: Sadismus. Online verfügbar unter: http://www.psychology48.com/deu/d/sadismus/sadismus.htm, zuletzt geprüft am 31.03.2022.