Exhibitionismus

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Exhibitionismus-Definition

Immer wieder ist in den Medien davon zu lesen, dass Personen sich in der Öffentlichkeit vor anderen entblößt haben und ihre Umgebung mit diesem Verhalten verstören. Exhibitionisten empfinden sexuelle Lust dabei, ihre nackten Körper und ihre Genitalien anderen zu zeigen und das auch oder gerade gegen deren Willen. Daher kann Exhibitionismus, in Unterschied zu vielen anderen sexuellen Präferenzen, in strafrechtlicher Hinsicht äußerst relevant sein.

Definition:  Exhibitionismus

Grundsätzlich wird unter Exhibitionismus die Neigung verstanden, sexuelle Erregung durch das Entblößen der eigenen Genitalien gegenüber fremden Personen, die nicht mit einer solchen Entblößung rechnen, zu empfinden. ¹ Ebenfalls wird unter den Begriff des Exhibitionismus der starke Wunsch subsumiert, von anderen Menschen bei sexuellen Aktivitäten an sich selbst, wie Berührungen des Genitals oder Selbstbefriedigung, beobachtet zu werden. Mit dem Thema des Exhibitionismus befasst sich die Forschung schon seit vielen Jahrzehnten. Sowohl psychologische als auch kriminologische Gesichtspunkte fanden dabei Beachtung.
Es gibt Psychologen die der Ansicht sind, dass es sich bei exhibitionistischem Verhalten um eine sexuelle Neigung wie jede andere handelt, die durch bestimmte entwicklungspsychologische Aspekte begünstigt wird. Auf der anderen Seite gibt es Wissenschaftler, die Exhibitionismus als eine Störung mit Krankheitscharakter betrachten, welche sowohl bei unbeteiligten Dritten als auch beim Exhibitionisten selber erhebliches Leid verursachen kann.²

Exhibitionismus: Wortherkunft und Verwendung

Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und kann vom Verb exhibere abgeleitet werden. Exhibere bedeutet so viel wie zeigen. In der Literatur tauchte der Begriff „Exhibitionnistes“ zum ersten Mal im Jahr 1870 auf. Verwendet wurde der Begriff von Lasègue, der mit ihm Männer klassifizierte, welche sich in der Öffentlichkeit nackt vor Mädchen und Frauen zeigten.³

Dimensionen des  Exhibitionismus

Exhibitionismus wird als eine Unterform der paraphilen Störungen geführt. Eine paraphile Störung zeichnet sich durch wiederholt auftretende, sexuell erregende und sehr intensive Phantasien dar, die bestimmte Verhaltensweisen und Antriebe bedingen können. Diese sexuellen Phantasien können sich auf unbelebte Objekte, Kinder oder Erwachsene ohne Einwilligungsfähigkeit beziehen und dadurch Leid verursachen.
Allerdings erfüllen die meisten exhibitionistischen Menschen nicht die klassischen klinischen Kriterien für eine paraphile Störung. Denn zur Bejahung einer solchen Störung müssten die Phantasien und Triebe zu einem klinisch bedeutsamen Leiden führen oder anderweitigen Schaden hervorrufen. Je nach Ausprägung der exhibitionistischen Handlung kann dieser Schaden selbstverständlich auch Dritte betreffen.
Schätzungen zufolge könnten rund 2 bis 4 % der Männer exhibitionistisch veranlagt sein. Es gibt auch weibliche Exhibitionisten, die sind allerdings wesentlich weniger stark vertreten.¹
Da Menschen selbstverständlich vollkommen unterschiedlich sind, gibt es natürlich auch keinen immer gleichen und strikten Ablauf einer exhibitionistischen Handlung. Einige, meist männliche Exhibitionisten masturbieren, während sie sich vor anderen entblößen oder berühren sich selbst bei dem Gedanken daran, solch eine Entblößung in der Öffentlichkeit durchzuführen. Angetörnt werden sie nicht allein durch ihre unangebrachte Nacktheit, sondern vielmehr durch die Reaktion Dritter auf diese Nacktheit. Als das eigentliche Kernelement der exhibitionistischen Handlung wird jedoch vielfach das Vorzeigen des erregten oder unerregten Genitals betrachtet.
Manche der Exhibitionisten sind sich über ihre Bedürfnisse bewusst, einen Zustand des Schocks oder der Überraschung beim unfreiwilligen Beobachter auszulösen. Das „Opfer“ der exhibitionistischen Handlung ist häufig eine erwachsene Frau oder ein weibliches oder ein männliches Kind. Eine tatsächliche sexuelle Interaktion mit den unfreiwilligen Beobachtern strebt der Exhibitionist in der Regel jedoch nicht an.¹
In Bezug auf Exhibitionismus in der Öffentlichkeit ist übrigens interessant, dass die wesentlich seltener stattfindenden exhibitionistischen Handlungen von Frauen häufig gar nicht als belästigend wahrgenommen werden und außerdem nicht dem Straftatbestand des § 183 StGB unterfallen. Das liegt auch daran, dass der Anblick weiblicher Sexualmerkmale , wie den Brüsten, in den Medien weitaus üblicher ist als die Zuschaustellung des Genitals Männern.

Exhibitionismus: Strafrechtliche Verfolgung

Exhibitionismus und exibitionistische Handlungen können auch in strafrechtlicher Hinsicht Relevanz entfalten. Sie können als Straftat im Sinne des Strafgesetzbuches gelten und sind im § 183 I StGB normiert. Hervorstechend ist dabei, dass gemäß § 183 StGB als Täter einer exhibitionistischen Handlung nur ein Mann in Frage kommt. Damit wird der Tatbestand als sogenanntes Sonderdelikt klassizifiert. Alle anderen Straftatbestände des StGB können hingegen unabhängig vom Geschlecht begangen werden. Aus diesem Grund ist dieser Straftatbestand bei vielen Juristen in der Kritik.
Schwierig ist auch die Einordnung transsexueller Personen, die sich in der Öffentlichkeit exhibitionistisch zeigen. Wie wirkt es sich beispielsweise aus, wenn das biologische und das rechtliche Geschlecht eines potentiellen Täters nicht miteinander übereinstimmen? Nach bislang noch herrschender Meinung muss, um den Tatbestand der exhibitionistischen Handlung zu erfüllen, zwingend das Zeigen des männlichen Glieds gegeben sein. Des Weiteren muss zur Erfüllung des Tatbestandes eine Entblößungshandlung vorliegen, welche auf einer sexuellen Motivation beruht.
Weiblicher Exhibitionismus kann in strafrechtlicher Hinsicht durch den § 183a StGB geahndet werden. Dieser Tatbestand beschreibt die Erregung öffentlichen Ärgernisses.

Exhibitionismus: Psychische Störung

Wie bereits erwähnt, kann der Exhibitionismus als krankhafte Störung klassifiziert werden, wenn er beim Betroffenen oder bei Dritten zu erheblichem Leid oder zu Funktionsbeeinträchtigungen führt. In den meisten Fällen zeigt sich diese Störung erstmals in der Adoleszenz, kann aber auch bereits vor der Pubertät oder im späteren Erwachsenenalter erstmals auftreten.
Neben dem Exhibitionismus können Personen mit einer derart gelagerten psychischen Störung auch weitere Verhaltens- oder Persönlichkeitsstörungen aufweisen. Bei Menschen mit Exhibitionismus findet man allerdings nur selten ein körperlich aggressives Sexualverhalten.¹
Exhibitionismus kann, muss aber selbstverständlich nicht, sich aus negativen Erfahrungen mit Frauen in der Vergangenheit entwickeln oder auf einem mangelnden Selbstbewusstsein beruhen (Janik Rebell, Exhibitionismus. Eine sexuelle Neigung und ihre Auswirkungen auf das Leben von Tätern und Opfern).
Zur Diagnose der Abgrenzung von „normaler“ Zeigefreudigkeit und einer exhibitionistischen Störung verwenden Mediziner häufig das Specific Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition (DSM-5).¹

Vom Exhibitionismus unterschieden werden muss außerdem die Freikörperkultur (FKK). Diese ist gerade nicht auf sexuelle Erregung ausgerichtet, sondern widmet sich lediglich der Freiheit, sich nackt und ursprünglich bewegen zu können. Ganz ohne gesellschaftliche Konventionen und Zwänge.

Exhibitionismus als Fetisch ausleben

Wer exhibitionistische Neigungen hat, muss durch diese nicht zwangsläufig leiden oder sich im schlimmsten Fall sogar strafbar machen. Mit Gleichgesinnten, bzw. dem sexuellen Gegenstück (den Voyeuren) können rechtlich unbedenkliche Wege gefunden werden, um die eigene Lust auszuleben. Zu denken wäre beispielsweise an Rollenspiele, bei denen der Exhibitionist auch die Lust am Schocken und Erschrecken der dritten Person durchleben kann. Gleichgesinnte können in Clubs, in speziellen Online-Foren oder durch erotische Dating-Portale gefunden werden.

Quellennachweise:

¹George R. Brown (2019): Psychische Störungen/ Sexualität, Geschlechtsdysphorie, und Paraphilias/Exhibitionistische Störung in MSD Manual.  Online verfügbar unter:  https://www.msdmanuals.com/de/profi/psychische-st%C3%B6rungen/sexualit%C3%A4t-geschlechtsdysphorie-und-paraphilias/%C3%BCberblick-%C3%BCber-paraphile-st%C3%B6rungen

²Janik Rebell, Exhibitionismus. Eine sexuelle Neigung und ihre Auswirkungen auf das Leben von Tätern und Opfern, Bachelorarbeit 2017, S.6

³Janik Rebell, Exhibitionismus. Eine sexuelle Neigung und ihre Auswirkungen auf das Leben von Tätern und Opfern, Bachelorarbeit 2017, S. 12

⁴George R. Brown, Überblick über paraphile Störungen in MSD Manual. Online verfügbar unter:   https://www.msdmanuals.com/de/profi/psychische-st%C3%B6rungen/sexualit%C3%A4t-geschlechtsdysphorie-und-paraphilias/%C3%BCberblick-%C3%BCber-paraphile-st%C3%B6rungen

⁵KUJUS Strafverteidigung, Strafrechts- ABC, Exhibitionistische Handlungen. Online verfügbar unter: https://kujus-strafverteidigung.de/strafrechts-abc/exhibitionistische-handlungen/#:~:text=Exhibitionistische%20Handlungen%20gelten%20als%20Straftat,Jahr%20oder%20mit%20Geldstrafe%20bestraft

⁶Janik Rebell, Exhibitionismus. Eine sexuelle Neigung und ihre Auswirkungen auf das Leben von Tätern und Opfern, Bachelorarbeit 2017, S. 21